Das das Netzwerk »Stadt für Alle« setzen sich seit mehreren Jahren für den Erhalt des BVZ ein. Am 19.12.2024 steht das weitere Vorgehen zu dem Thema auf der Tagesordnung der Ratssitzung. »Stadt für Alle« hat deshalb die Ratsfraktionen und die Verwaltung angeschrieben mit der Bitte, bei der anstehenden Entscheidung keine Vorfestlegung auf einen Abriss zu treffen. Drei Fraktionen haben reagiert, eine Festlegung wurde dabei aber nicht getroffen.
Unser Brief enthält die Argumente, warum wir den Abrissbeschluss von 2017 für nicht mehr zeitgemäß halten. Hier der Brief im Wortlaut.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Mitglieder des Bochumer Rates,
sehr geehrte Mitarbeiter:innen der Verwaltung,
in der Ratssitzung am 19. Dezember 2024 soll über die weitere Entwicklung der städtischen Flächen und Gebäude zwischen Rathaus und Appolonia-Paus-Park entschieden werden. Wir freuen uns, dass die Grundstücke nun nicht mehr verkauft, sondern im Wege des Erbbaurechtes vergeben werden sollen. Auch den Erhalt und die Entwicklung des Gebäudes der Musikschule in einem gemeinwohlorientierten Sinne – wie vom „Zukunftsmusik e.V.“ vorgeschlagen – halten wir für eine gute Idee. Dies sind die Grundlagen und Substanz einer vorausschauenden Planung und Entwicklung unserer Innenstadt.
In der Beschlussvorlage der Verwaltung Nr. 20242546 wird jedoch der schon 2017 beschlossene Abriss des Bildungs- und Verwaltungszentrums (BVZ) nicht aufgehoben. Als Netzwerk »Stadt für Alle« setzen wir uns dafür ein, das Gebäude des BVZ zu erhalten und gemeinwohlorientiert nachzunutzen. Wir empfehlen, die vorgeschlagene zweistufige Konzeptvergabe ohne Vorfestlegung auf Abriss des BVZ durchzuführen.
Aus diesem Grund möchten wir ausdrücklich vor der entscheidenden Ratssitung das Gespräch mit Ihnen suchen, um Ihnen unsere Argumente zu erläutern.
Wir halten den vor sieben Jahren beschlossenen Abriss des BVZ für nicht mehr zeitgemäß. Die Bedingungen für den Neubau haben sich durch die Krise im Baugewerbe durch Baukostensteigerungen und hohe Bauzinsen stark geändert. Die niedrige Anzahl an Bauanträgen sowie die teilweise über Jahre gestoppten Bauprojekte in Bochum zeigen die Probleme nachdrücklich auf. Die Belastungen für das Klima durch Abrisse und Neubauten sind inzwischen stark in den Blick geraten. Zukunftsorientierte Stadtentwicklung muss daher vom Bestand aus gedacht werden.
Nicht umsonst fordern verantwortliche Expert:innen und Institutionen aus Architektur und Stadtplanung ein allgemeines Abrissmoratorium. Angesichts des Klimawandels und mit Bezug auf den Klimanotstandsbeschluss des Bochumer Rats ist die mit einem Umbau verbundene Nutzung der vorhandenen Bausubstanz nicht nur eine ökologisch sinnvollere sondern auch eine nachhaltigere Lösung. Die Baubranche ist für 40 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die Vernichtung von grauer Energie steht im Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen der Stadt Bochum. Abgesehen davon halten zentrale Kriterien insbesondere der finanziellen Bewertung (s. Wirtschaftlichkeitsvergleich Schmidt+Partner Projektconsulting GmbH Dortmund aus 2017) der aktuellen Situation nicht stand.
Das Netzwerk »Stadt für Alle« hat im Mai und im Oktober 2024 auf zwei Veranstaltungen überzeugende Nachnutzungskonzepte für das BVZ vorgestellt: Der Entwurf des Architekten Lennard Flörke sieht vor, im Gebäude 100 Sozialwohnungen einzurichten und mit öffentlicher Infrastruktur wie zum Beispiel einer KiTa und einer Kantine zu kombinieren. Zwei Studierende der FH Dortmund präsentierten ein Konzept aus dem Bereich der Health Care für barrierefreies und rollstuhlgerechtes Wohnen. Auch in ihrem Entwurf sind öffentlich nutzbare Flächen vorgesehen sowie ein großzügiger offener Durchgang in den angrenzenden Appolonia-Pfaus-Park. Beide Konzepte würden die ursprüngliche gemeinwohlorientierte Funktion des Gebäudes erhalten.
An Visionen und konkreten Ideen für eine Nachnutzung des BVZ mangelt es nicht. Die Stadt Bochum könnt hier ein innovatives, ökologisches, soziales und zukunftsorientiertes Projekt realisieren, das zugleich ein wichtiger Baustein für die Entwicklung der Innenstadt an zentraler Stelle sein kann. Wir hoffen, dass Sie diese Chance nutzen und von einer Vorfestlegung auf Abriss und Neubau absehen – es sollte der nach den oben genannten Aspekten beste Entwurf umgesetzt werden. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich für einen entsprechenden Ratsbeschluss einsetzen.
Wir freuen uns sehr über eine Rückmeldung von Ihnen. Mit freundlichen Grüßen, Netzwerk »Stadt für Alle«