In einer Eingabe gemäß § 24 Gemeindeordnung zum „Wettbewerbsverfahren zur Umgestaltung Husemannplatz“ reget das Netzwerk »Stadt für Alle« an, dem Verfahren eine Information der Öffentlichkeit über die Planungen voranzustellen, den Stadtbewohner*innen zu ermöglichen eigene Ideen und Anregungen einzubringen, sowie sie an der Jury zu beteiligen.
Die Anregungen wurde im Rat der Stadt Bochum abgelehnt: Im März 2019 habe die Stadt auf dem Husemannplatz schon zur Beteiligung eingeladen und eine weitergehende Einbindung der Öffentlichkeit sei im Verfahren nicht mehr vorgesehen. Ausserdem würden Kommentare im Vorfeld die Jury beinflussen. »Stadt für Alle« fragt sich: Um was soll es den anderes gehen als den Entscheidungsprozesse durch die Stadtgesellschaft mit beeinflussen zu lassen?
Die Eingabe gemäß Gemeindeordnung ermöglichte »Stadt für Alle« den Vorschlag in der Ratssitzung am 30.01.2020 selbst zu begründen. Das Rederecht nahm Andrea Wirtz war. Hier ihre Rede im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Eiskirch, sehr geehrte Ratsmitglieder,
ich heiße Andrea Wirtz und bin Mitglied bei »Stadt für Alle«. In dieser Funktion habe ich die heutige von Rainer Midlaszewski eingebrachte Eingabe auf unserem Treffen mitberaten und -beschlossen und werde sie hier begründen.
Wir befassen uns als Netzwerk Stadt für Alle seit geraumer Zeit mit den Plänen zur Umgestaltung der Innenstadt. Dabei werden Entscheidungen von großer Tragweite für die kommenden Jahrzehnte getroffen, bei denen nach unserer Meinung die Stadtgesellschaft in umfassender Weise konsultiert und beteiligt werden muss.
Wir sind uns bewusst, dass die Stadt bei verschiedenen Planungsverfahren Bürgerbeteiligung ermöglicht hat – so auch mit der Veranstaltung auf dem Husemannplatz vor einem Jahr und wir begrüßen, dass es weitere Initiativen gibt, mehr Bürgerbeteiligung zu installieren und in diesem Sinn mehr Demokratie zu wagen.
Unsere Eingabe befasst sich nun mit dem konkreten Vorgehen zur Umgestaltung des Husemannplatzes. Wir fragen uns: wieso wurden nach der Veranstaltung auf dem Husemannplatz die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger nicht gemeinsam mit ihnen ausgewertet und Empfehlungen formuliert? Und es ergibt sich die Frage, welche Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger zu Gestaltungsmerkmalen für die Planungsbüros werden sollen? Wir wissen es nicht und in diesem Sinn bemängeln wir ausdrücklich die fehlende Transparenz im Vorgehen der Stadt.
Was die nächsten Schritte angeht, kündigt die Stadt an, am Vorabend der Jurysitzung die Wettbewerbsarbeiten der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dort sei auch die Möglichkeit, seine Meinung zu äußern. Wir kennen dieses Verfahren vom Haus des Wissens. Wir fragen uns, wie Sie Ihre Entscheidungen hier im Rat kompetent und sachkundig treffen könnten, wenn Sie am selben Tag die Unterlagen bekämen, über die Sie zu entscheiden haben. Genau so geht es aber uns Bürgerinnen und Bürgern. Wie sollen wir uns schlau machen, wenn wir dafür keine Zeit bekommen? Wenn wir komplexe Entwürfe auf einen Blick verstehen und bewerten sollen?Deshalb möchten wir, dass die Wettbewerbsarbeiten im Vorfeld online gestellt werden und die Ergebnisse der Bürger-Voten ebenfalls veröffentlicht werden. Nur so ist im Übrigen auch die breite Beteiligung alle derer möglich, die aus welchen Gründen auch immer nicht an der Präsentation teilnehmen können.
Schließlich wäre es im Sinn echter und breiter Bürgerbeteiligung notwendig, das Preisgericht nicht als geschlossenes Gremium von Fachleuten zu konzipieren, sondern paritätisch Bürger*innen mitentscheiden zu lassen. Oder, falls das Vergaberecht das nicht ermöglicht, eine solche Jury aus Bürgerinnen und Bürgern vorzuschalten.
Bei den bisherigen Präsentationen, von denen es ja im Rahmen des ISEK Innenstadt schon einige gab, hat sich bei uns als engagierten Bürger*innen das Gefühl eingestellt, auf Alibiveranstaltungen zu sein, Simulationen von Demokratie zu erleben und nicht wirklich gefragt zu werden. Das ist frustrierend und ärgerlich.
Uns ist klar: Sie denken, dass Sie uns Bürger schon sehr weitgehend beteiligen, aber wir fühlen uns trotzdem nach wie vor von den Entscheidungen ausgeschlossen und lesen dann die Ergebnisse in der Zeitung. Wir wollen, dass sich das Miteinander von Politik, Stadtverwaltung und Bürgern nachhaltig zum Positiven verändert. Die heute anstehende Entscheidung entsprechend zu modifizieren, wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Wir alle sollen uns schließlich in der Planung und künftigen Ausgestaltung unseres Husemannplatzes wiederfinden und uns dort künftig auch gerne aufhalten.
Vielen Dank!