Das Netzwerk »Stadt für Alle« fordert, die Beschlussvorlage zur Vergabe der Architekten-Planung für das Haus des Wissens von der Tagesordnung der Ratssitzung der Stadt Bochum am 30.04.2020 zu streichen. Sie entbehrt angesichts des weltweiten Ausnahmezustands jeder Dringlichkeit. Während alle vitalen Grundrechte eingeschränkt oder ganz ausgesetzt sind, ist zur Wahrung des gesellschaftlichen Anstands und der Möglichkeit der Bürgerbeteiligung bei wichtigen Entscheidungen mindestens ein Innehalten geboten.
Die Verwaltung hat einen Beschluss vorbereitet, der nach der Vergabeordnung für öffentliche Aufträge (VgV) vergeben werden soll. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen und daher auch völlig offen, welcher der drei Preisträger des Wettbewerbs den Auftrag erhalten soll.
Für uns als Bochumer Bürger*Innen bedeutet dies: die Beauftragung soll beschlossen werden, bevor klar ist, welcher Entwurf aus diesem verwaltungstechnischen Verfahren überhaupt hervorgehen wird. Irgendwann, unmittelbar nach den formal noch abzuschließenden Abläufen, wird also ein Entwurf aus einer Lostrommel gezogen und wie Phönix aus der Asche dem verblüfften Bochumer Publikum vorgestellt. Der Gewinner bekommt den Auftrag zur Leistungsphase 2 Vorentwurf und 1.7 Mio Euro. Es wird also der 1. Preisträger nur dann den Zuschlag erhalten, wenn er auch die Hürde des Kostenrahmens nimmt.
Dabei stehen 3 Preisträgerentwürfe in Konkurrenz, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Obwohl wir alle den 1. Preis von CROSS-Architekten aus Aachen mit dem begrünten, öffentlich begehbaren Dach im Kopf haben, könnte auch der 2. Preis den Zuschlag erhalten, der für die Hofbebauung mit der Markthalle eher an eine Terrassen-Eigentumswohnanlage in Stiepeler Hanglage mit integriertem Denn’s Biomarkt erinnert.
Was bedeutet der Beschluss im Rat? Eine durch die Verwaltung ermittelte Katze aus dem Sack zu holen und ohne weitere Bürger*Innenbeteiligung den Auftrag zu vergeben. Auch der Rat weiß nur, dass sich nicht mehr als 3 Katzen im Sack befinden. Das kann und darf auch ohne Corona im Rat nicht beschlossen werden!
Wir Bochumer*Innen erwarten auch nach dem VgV-Verfahren eine mitentscheidende Rolle bei der Wahl des Entwurfskonzeptes. Deshalb unsere Forderung: Die Beschlussvorlage ist von der Tagesordnung des Rates am 30. April zu streichen!
Und wir stellen darüber hinaus die Frage: muss die im November 2018 beschlossene Rochade der Gebäude und städtischen Funktionen rund um das Bochumer Rathaus (BVZ, Musikschule, Gesundheits- und Jugendamt) in seiner Komplexität aufgrund jetzt und plötzlich ganz neuer Fragestellungen an die Zukunft nicht grundsätzlich überdacht werden? Das könnte einer der positiven Nebeneffekte der weltweiten Krise für Bochum werden!
»Stadt für Alle« – 28.04.2020