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Kein Monopoly in Weitmar

Ein Kommentar von »Stadt für Alle« zu geplanten Grundstücksverkäufen und Immobilienprojekten in Bochum

Im Bezirksamt Südwest im Rathaus Bochum-Weitmar sitzt der Bürgermeister am Monopoly-Spieltisch. Das Spiel ist bereits fortgeschritten, es geht jetzt um die Schloßstraße. Für das begehrte Grundstück am Eingang zum Schlosspark wurde vor einigen Jahren privilegiertes Baurecht für die Ruhr-Universität geschaffen. Die wollte dort für ihre Gäste vier bis sechs Stadtvillen bauen lassen. Das Bauland ist im Besitz der Stiftung Situation Kunst. Nun hat offenbar die Ruhr-Uni davon Abstand genommen, und flugs hat Bezirksbürgermeister Marc Gräf das Grundstück nebst allgemeinem Wohnbaurecht dem Baulöwen Eckehard Adams wohlfeil zum Verzehr geboten – wohlwollend unterstützt von Oberbürgermeister Eiskirch und Stadtbaurat Bradtke.

Der Investor will das Areal in maximiert hoher Dichte bebauen. Fünfgeschossige Twin-Towers sollen als standesgemäßes Eingangstor zum neuen Quartier entstehen. Gegen dieses Ansinnen und die freundliche Entgegennahme öffentlicher Fördermittel ist nach Ansicht des Bezirksbürgermeisters nichts einzuwenden, der Bauunternehmer will ja auch nur überleben.

Beim Monopoly im Bochumer Südwesten lassen die Player keinen Zweifel daran: Bürgerschaftliches Engagement ist nicht so gerne gesehen. Denn es könnte den Spielverlauf stören, den die Bezirksvertretung und die städtische Verwaltung, allen voran Bezirksbürgermeister Marc Gräf, seriös und sorgfältig vorbereitet hat. Als weitere Projekte auf dem Spielbrett in Bochum-SüdWildWest sind ja auch noch die folgenden Leckerbissen zu verhandeln: Der umstrittene Edeka-Neubau an der Karl-Friedrich-Straße, die Bebauung des ehemaligen Schulgeländes an der Brantropstraße und das Neubaugebiet „Hinter der Kiste“ in Linden.

Und natürlich stehen Entscheidungen für die ehemalige Rettungswache Weitmar an, welche die Stadt am liebsten privatisieren will. Hier haben die Verantwortlichen nach der Einleitung eines Interessenbekundungsverfahrens nun immerhin zugesichert, alle zu einem Gespräch einzuladen, die ein Konzept eingereicht haben. Außerdem soll das Grundstück nicht nach Höchstgebot, sondern nach bester Eignung für den Stadtteil vergeben werden. Wir sind gespannt, welche Kriterien sich die Spielleitung da vorstellt. So oder so: Bei diesem Verfahren fordert das Netzwerk »Stadt für Alle«, dass der kommunale Grund und Boden nicht privatisiert, sondern nach dem Erbbaurecht vergeben wird. Und natürlich müssen direkte Bürger*innenbeteiligung sowie Transparenz von Anfang an gewährleistet sein.

Und dann ist da noch der alte Bahnhof Dahlhausen. Für dieses Gelände ist immerhin schon die Vergabe nach dem Erbbaurecht im Gespräch. Der Ort eignet sich perfekt für ein unkommerziell organisiertes Stadtteilzentrum oder für eine andere gemeinwohlorientierte Nutzung. Dennoch soll die Zukunft auch dieses altehrwürdigen Gebäudes am Investoren-Spieltisch verhandelt werden.

Und die betroffenen Bochumerinnen und Bochumer? Werden sie nur Zuschauer*innen bei diesem Spiel sein? Schauen wir über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus oder gar ins benachbarte Ausland, zum Beispiel nach Arnheim, so findet Stadtentwicklung immer häufiger und vor allem auch immer erfolgreicher mit integrierter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger statt. Die Beteiligungs- und Mitentscheidungsmöglichkeiten gehen vielfach weit über das hinaus, was in Bochum üblich ist.

Daher meinen wir: Anstelle nun beim Monopoly-Spiel Twin-Towers zu stapeln und doch gegen Investoren zu verlieren, sollte Herr Gräf besser noch rechtzeitig vom Rösslein steigen und den Spieltisch verlassen. Die Aufgabe und Chance eines Bezirksbürgermeisters ist es, stattdessen die Tür der Stadt Bochum für alle Bochumerinnen und Bochumer zu öffnen, sie an den Entwicklungen teilhaben zu lassen, zu vernetzen und aktiv verantwortlich zu beteiligen.

STADT FÜR ALLE – Bochum, den 15.04.2020

Veröffentlicht in Stadt für Alle