Eine Stellungnahme des Netzwerks »Stadt für Alle« zum Konstitutionsprozess der „Allianz für Wohnen“
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet setzt die Bochumer Stadtverwaltung gerade einen Ratsbeschluss aus dem Jahr 2017 um: Die „Allianz für Wohnen in Bochum“ soll zeitnah gegründet werden. Der Zusammenschluss soll eine wichtige Rolle bei der Überarbeitung des kommunalen „Handlungskonzepts Wohnen“ spielen – also dem Grundlagenpapier, das die Ziele und Maßnahmen der Bochumer Wohnungspolitik für die kommenden Jahre festlegt. Doch bereits im Vorfeld gibt es heftige Kritik am bisherigen Vorgehen der Verwaltung. 35 Gruppen und Organisationen bemängeln in einem Brief an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke die einseitige Zusammensetzung des Gremiums.
„Wir fordern Sie auf, den Gründungsprozess für eine Allianz für Wohnen in Bochum unter Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren neu zu beginnen“, heißt es in dem Schreiben vom 02.03.2021, unterzeichnet unter anderem vom Netzwerk Stadt für Alle, dem Klimaschutzbündnis, den Umweltschutzorganisationen BUND und NABU, dem Bochumer Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit, dem Mieterverein, bodo e.V, dem Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung sowie dem DGB. Hauptkritikpunkt: Die Stadtverwaltung habe ihre eigene Ankündigung nicht eingehalten, die sogenannte „Allianzvereinbarung“, also die Arbeitsgrundlage des Bündnisses, „unter Beteiligung lokaler Wohnungsmarktakteur*innen sowie Sozial- und Naturschutzverbänden in einem gemeinsamen Prozess“ zu erarbeiten. Die Vereinbarung sei so gut wie fertig, beteiligt worden sei dabei allerdings hauptsächlich eine Übermacht von Akteurinnen und Akteuren der Anbieterseite: Wohnungsunternehmen und deren Verbände, Bauträger, Makler, Banken und Bausparkassen.
Die Stadtverwaltung hat zumindest teilweise auf die Kritik reagiert und zum Beispiel den DGB, ver.di, BUND, NABU und den Kinder- und Jugendring angesprochen. Die Unterzeichner*innen des Briefes sind damit jedoch nicht zufrieden. Grund: An der vorher ausgearbeitenen Erklärung soll sich nach Vorstellung der Verwaltung nur noch wenig ändern, und die Beteiligung weiterer Akteurinnen und Akteure soll erst möglich sein, nachdem die Allianzvereinbarung unterzeichnet ist. „Die Themen und Inhalte sind bereits zuvor von der Anbieterseite gesetzt worden – also von denen, die am Neubau und an unseren Mieten ihr Geld verdienen“, kritisiert Rainer Midlaszewski vom Netzwerk Stadt für Alle. „Wir sind dagegen überzeugt davon, dass diejenigen, die sich für bezahlbare Mieten und ökologische Stadtentwicklung einsetzen, von vornherein mit am Tisch sitzen sollten. Damit die Allianz nicht eine Lobbyorganisation der Immobilienwirtschaft wird, müssen alle Teile unserer Stadtgesellschaft repräsentiert werden. Die Privatisierung von kommunalen Flächen und der Neubau durch profitorientierte Investoren verschärft das Problem des bezahlbaren Wohnraums. Maßnahmen zur Stabilisierung der Mietpreise fehlen genauso wie die verstärkte Förderung gemeinwohlorientierter Projekte. Das muss Thema sein.“
„Bei der Flächenversiegelung steht Bochum bereits jetzt auf Platz 9 der 50 bevölkerungsreichsten Kommunen in Deutschland“, kritisiert Dr. Ingo Franke vom Bochumer Klimaschutzbündnis. „Auch die Belange des Klimaschutzes müssen von Anfang an mitgedacht werden. Leerstände nutzbar machen und bereits versiegelte Gebiete ökologisch sinnvoll umnutzen, das ist vielleicht umständlicher als einfach Grünflächen zu bebauen – aber es ist dringend notwendig.“