Absage take back the night – for now… Leider müssen wir unsere Aktion verschieben.
Wir wollten uns am 24.04. die Nacht zurückerobern. Denn wir haben die Schnauze voll davon, uns immer wieder erzählen zu lassen, für uns sei es draußen nicht sicher und wir sollten lieber zu Hause bleiben. Wir wollten als FLINTA* gemeinsam eine empowernde, entschlossene und fröhliche Nacht verbringen. Dieses Mal grätscht nicht das Patriachart, sondern eine globale Pandemie dazwischen. Wir haben uns aufgrund der Ausgangssperre schweren Herzens entschieden, die Aktion zu verschieben. Sie wird aber später im Jahr (wir planen im Sommer) auf jeden Fall stattfinden. Groß, laut und entschlossen.
Auch uns ist die Eindämmung von Corona wichtig. Es macht uns aber wütend, wenn wir uns im Privatleben immer weiter einschränken sollen, während wir gleichzeitig weiter zur Arbeit gehen müssen. In Logistiklagern, in der Industrie und in Großraumbüros wird die Gesundheit aller aufs Spiel gesetzt für die Profitinteressen einiger weniger. Das Auf- und Zu der Kitas und Schulen setzt vor allem Ein-Eltern-Familien, meistens FLINTAS* unter Druck. In vielen Wohnungen gibt es infrastrukturelle Probleme wie mangelnden Platz, schlechtes Internet oder zu wenig Geräte.
Hinzu kommt besonders für FLINTA*: für uns ist es zu Hause nicht zwangsläufig sicher. 85 Prozent aller Übergriffe, Vergewaltigungen, Morde und Femizide finden in Nahbeziehungen, also in genau diesem “drinnen” statt. Der Großteil der (emotionalen) Sorgearbeit – die in Zeiten von Corona deutlich zugenommen hat – bleibt in Hetero-Beziehungen meist an Frauen* hängen. Um so lauter werden wir unseren Unmut in die Nacht tragen, sobald die epidemische Lage es wieder zu lässt.
Und damit wir gut vorbereitet sind, treffen wir uns Samstag um 19.00 Uhr zur Bastelkundgebung auf dem Hans-Schalla-Platz vor dem Schauspielhaus Bochum. Wenn du als FLINTA* auch gut vorbereitet sein willst für die nächste Aktion, pack Pappe und Pinsel ein und komm dazu. Bringt gerne auch coole Sticker mit, die wir in unsere Aktions-Kits packen können.
Ansonsten werden wir euch auf Instagram und Twitter auf dem Laufenden halten – stay tuned!
Take back the night – Wir erobern uns die Nacht und die Stadt zurück!
Eine Aktion im Rahmen der feministischen Aktionswochen Bochum am 24.04.2021, ab 20:35 Uhr.
Wo?: In der ganzen Bochumer Innenstadt; wir haben zusätzlich 3 Anlaufstationen:
– den Parkplatz an der Herrmannshöhe (am Sprühtunnel),
– im Bermudadreieck (Konrad- Adenauer- Platz vor dem Mandragoora),
– Hans- Schalla- Platz am Schauspielhaus
Wie?
- ihr bewegt euch mit euren Lieblings- FLINTA*s in kleinen Gruppen durch die Stadt (natürlich corona- konform mit Maske und Abstand)
- ihr seid ausgestattet mit allem, was euch einfällt, um eure Botschaften in die Nacht zu tragen oder auch Orte in der Stadt zu markieren (Plakate, Transpis, Schlachtrufe, Kreide, Pappaufsteller …)
- ihr seid angezogen, wie ihr wollt- ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen
ihr geht an die Orte, die ihr zurückerobern oder markieren wollt und hinterlasst eure Botschaft - ihr haltet Ausschau nach weiteren Gruppen, die unterwegs sind und feiert euch gegenseitig
auf eurem Weg durch die Straßen kommt ihr zwischendurch an unseren Stationen vorbei, um:
– In der Unterführung an der Hermannshöhe eure Botschaft zu hinterlassen
– im Bermudadreieck an unserer offenen Diskussion zur Rückeroberung von Orten teilzunehmen
– euch am Schauspielhaus am FLINTA* only Kiosk ein Aktionskit abzuholen
– die Stationen werden bis 22.30 Uhr besetzt sein
Wer? FLINTA* only! (mehr zur Begriffsklärung findet ihr hier)
Warum?
„So spät noch alleine unterwegs? Das ist doch viel zu gefährlich!“ „Geh nicht durch den Park! Wer weiß wer da unterwegs ist!“ „Du nimmst die Unterführung an der Hermannshöhe? Aber das ist nicht sicher!“ „Sag Bescheid, wenn du zuhause bist.“
Allen wird von klein auf erklärt, dass die Nacht gefährlich für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre und trans Personen ist. Jede*r lernt das. Aber einen Effekt daraus spüren und erfahren nur wir FLINTA* – Personen. Die Konsequenz ist die Einschränkung unserer Bewegungsfreiheit, unserer Körper, unserer Wege, aber auch unser Denken. Wir wurden dazu programmiert uns von Orten und Zeiten fern zu halten. Die Selbstbeschränkung ist so normal, dass sie von niemandem hinterfragt wird.
Doch damit nicht genug, FLINTA*’s wird nach einem sexuellen Übergriff oft die (Teil-)schuld gegeben, weil sie eben nachts an einem Ort waren, bestimmte Kleidung getragen haben, etc.
„…ja der Rock war aber auch zu kurz, das lädt ja dazu ein..“ „…sie war ja auch betrunken, da darf sie sich nicht wundern“ „Warum bist du auch alleine im Bermuda3eck unterwegs?“
Es reicht! Diese Verantwortung weisen wir zurück. Unsere Mobilität darf nicht in Frage gestellt werden. Wir wehren uns und holen uns die Nacht zurück!
Pfiffe, Kommentare oder Blicke sorgen dafür, dass FLINTA*s sich an bestimmten öffentlichen Orten unwohl fühlen. Einen Umgang damit müssen sie für sich selbst finden. Als “Lösung” wird meist nur vorgeschlagen, sich fernzuhalten, drinnen zu bleiben.
Als ob es „drinnen“ sicher wäre?!
85 Prozent aller Übergriffe, Vergewaltigungen und Morde, Femizide finden in Nahbeziehungen, also in genau diesem „drinnen“ statt. Medial ist diese sehr reale Gefahr nicht repräsentiert und schlecht verwertbar. Nachrichten stellen sensationsheischende Berichte zu gewalttätigen Verbrechen von „Fremden“ an FLINTA*’s ins Zentrum der Öffentlichkeit. Der “Fremde” ist gefährlich und wenn doch von Gewaltverbrechen durch Partner und Familienangehörigen berichtet wird, spielt schnell die „ethnische Zugehörigkeit“ die Hauptrolle im „Familiendrama“. Hier geben sich Rassismus und Sexismus die Hand.
Und in der fiktiven Welt? In einem Großteil der Crime Serien geht es um schreckliche Gewaltverbrechen an FLINTA*’s, die von fremden Männern verübt werden. Queere und trans* Personen werden als Opfer gezeigt, die ständig um ihre körperliche Unversehrtheit bangen müssen. Wir lernen, die Gefahr lauert an jeder dunklen Ecke, sieh dich vor!
So werden patriarchale Strukturen, wie die Kleinfamilie und heterosexuelle Partnerschaften gestärkt. FLINTA*’s scheinen nur hier sicher zu sein. Das sind Konstrukte und Erzählungen, denen wir nicht länger folgen werden. Die erlernte Angst erfüllt eine soziale Funktion und soll uns an unseren Platz verweisen.
Dieser Platz soll im privaten Raum sein, wo wir am besten ungefährliche Reproduktionsarbeit machen: Kochen, Kinder ins Bett bringen, für Gemütlichkeit sorgen. CIS Männer sind Begünstigte dieses Konstrukts.
Es reicht! Wir begreifen die Stadt- auch nachts- als unseren Ort und lassen uns nicht verdrängen! Wir werden uns Orte aneignen! Wir werden die sozialen und politischen Verhältnisse angreifen! Wer uns eingrenzt, muss mit Widerstand rechnen!
Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen, lasst uns zusammen die bisherigen Verhältnisse über Bord werfen! Wir sind solidarisch, wir sind entschlossen, wir werden zusammen ausgelassene, freie, wilde Nächte verbringen. Fangen wir an und nehmen uns die Orte zurück!
Und was machen die Cis-Männer?
Heute Nacht wollen wir unter uns bleiben – trotzdem freuen wir uns über Allies. Daher:
Stay at home! Aber ruft ein paar Freunde an und diskutiert darüber, was ihr tun könnt, um FLINTA*- Allies zu sein: Wie seid ihr so in Clubs und draußen unterwegs? Wie könnt ihr dazu beitragen, dass Räume für Alle angstfrei sind- wenn ihr allein oder auch in einer Cis-Männer Gruppe im Dunkeln unterwegs seid? Bringt ihr euren Freund sofort nach Hause, wenn er sich danebenbenimmt oder versucht ihr doch, Entschuldigungen zu finden? Wie könnt ihr FLINTA* unterstützen, wenn ihr einen Übergriff mitbekommt? Verhaltet ihr euch anders in Gruppen mit oder ohne FLINTA*? Schon „Sei kein Mann“ gelesen? Auf welchen Homepages holt ihr euch Input, wenn ihr nicht weiterwisst und euch bilden wollt? Habt ihr schonmal „ironisch“ cross gedressed (also nicht als Beleidigung, sondern weil ihr es schön findet „weibliche“ Kleidung getragen)? Aber würdet es euch im Alltag nicht trauen? Wann habt ihr zuletzt eine Freundin oder Familienangehörige im Stich gelassen? Ihr habt als cis-Männer Zugang zu Gruppen und Dynamiken, zu denen keine von uns Zugang hat. Der Kampf gegen das Patriarchat findet überall statt. Let’s end this oppression together!