Eine Stellungnahme von »Stadt für Alle« zur Diskussion über die Kostenexplosion bei der Realisierung des »Haus des Wissens«
Wir begrüßen die Entscheidung des Rates der Stadt Bochum die Realisierung des Projekts »Haus des Wissens« ungeachtet steigender Baukosten weiter zu verfolgen. Das »Haus des Wissens« ist eine große Chance für die Neubelebung der Bochumer Innenstadt. Mit der räumlichen Neuordnung der Institutionen VHS, Stadtbücherei und UniverCity, kann nicht nur ein attraktiver Lern- und Begegnungsort entstehen, sondern auch ein öffentlicher Raum für demokratische Teilhabe. Wenn das Projekt gelingt und hier wirklich etwas Neues entsteht das mehr ist als VHS und Stadtbücherei aktuell leisten können, werden öffentliche Gelder einmal an der richtigen Stelle investiert.
Ob sich Oberbürgermeister Thomas Eiskirch mit dem »Haus des Wissens« ein Denkmal setzen möchte oder ob das Projekt über die Stadtgrenzen hinaus ein großes Echo erzeugt, ist uns ziemlich egal. Anders als OB Eiskirch, der das Projekt mit der erfolgreichen Entwicklung der ehemaligen Opel-Flächen (Mark 51/7) vergleicht, sehen wir jedoch keinen „ökonomischen Mehrwert“, der mit der Realisierung des »Haus des Wissens« entsteht. Die Investition in die kulturelle und soziale Infrastruktur der Stadt erzeugt vielmehr eine soziale Rendite. Und anders als bei Institutionen wie dem Schauspielhaus und dem Musikforum, deren millionenschwerer Unterhalt im Haushalt immer fest eingeplant ist, scheinen uns die Partizipationsmöglichkeiten der Bochumer Stadtgesellschaft beim »Haus des Wissens« sehr viel breiter aufgestellt zu sein.
Der gewaltigen Summe von 153 Millionen Baukosten für das »Haus des Wissens« steht die Zerstörung der sozialen Infrastruktur an anderen Stellen gegenüber: Die Schließung der Freibäder in Langendreer und Höntrop, der marode Zustand vieler Schulgebäude oder fehlende KiTa-Plätze. Wir sehen den Widerspruch zwischen dem politisch gewollten Leuchtturmprojekt »Haus des Wissens« und dem politisch ebenso gewollten Kaputtsparen kommunaler Infrastruktur. Dennoch finden wir es falsch, das Eine gegen das Andere auszuspielen und werden uns an einer Debatte, die die Verteilung der knappen städtischen Ressourcen einer Art sozio-ökonomischer Triage unterwirft, nicht beteiligen. Wir wollen, dass die städtische kulturelle und soziale Infrastruktur nicht nur erhalten bleibt, sondern ausgebaut wird.
Unsere Zustimmung zum »Haus des Wissens« ist jedoch nicht bedingungslos. Seine bauliche und inhaltliche Konzeption sowie die nach der Realisierung gelebte Nutzung sind ein offener Prozess, der auch scheitern kann. Wir haben Fragen zum »Haus des Wissens«, die noch nicht beantwortet sind:
Wie kann ein inhaltliches Nutzungskonzept des »Haus des Wissens« aussehen, das insbesondere die breite soziale und kulturelle Diversität integriert, die in der Bochumer Stadtgesellschaft vorhanden ist?
Ist es wirklich eine gute Idee, eine kommerzielle Markthalle und einen unkommerziellen öffentlichen Begegnungsort räumlich miteinander zu verbinden? Sind hier nicht Nutzungskonflikte vorprogrammiert?
Wie kann eine Beteiligung der Bochumer Stadtgesellschaft sowohl an der Konzeption des »Haus des Wissens« als auch an der Gestaltung des späteren Betriebs aussehen, die über bloße Information oder symbolische Gesten hinausgeht? Wie können zukünftige Nutzer*innen in eine Beteiligungsstruktur einbezogen werden, die kooperativ das Programm des »Haus des Wissens« gestaltet?
Nicht nur der Bau, auch der Betrieb des »Haus des Wissens« wird viele finanzielle und personelle Ressourcen erfordern. Ist sichergestellt, dass im Schatten dieses Leuchtturms nicht anderen kommunalen Bildungseinrichtungen, wie etwa den Stadtteilbibliotheken, langfristig die Mittel entzogen werden?