Stellungnahme des Netzwerks »Stadt für Alle« zum geplanten Abrisses der städtischen Häuser an der Kohlenstraße 135 bis 141 und der Zwangsräumung des letzten Mieters.
Angesichts des bevorstehenden Abrisses der städtischen Häuser an der Kohlenstraße 135 bis 141 weist das Netzwerk »Stadt für Alle« auf den immer eklatanteren Mangel an preiswertem Wohnraum hin. Die Stadt hat hier 25 preiswerte Mietwohnungen über Jahrzehnte verfallen lassen, freiwerdende Wohnungen nicht neu vermietet, sondern leerstehen und vergammeln lassen. Dabei fehlen in Bochum 25.000 Wohnungen, die auch für Geringverdiener*innen bezahlbar wären. Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt immer weiter ab und liegt inzwischen unter sechs Prozent des Gesamtbestandes, obwohl mehr als die Hälfte aller Bochumer Haushalte berechtigt wäre, eine Sozialwohnung zu beziehen. Gleichzeitig werden freifinanzierte Wohnungen immer teurer. Die Durchschnittsmiete ist von 5,00 Euro 2010 auf 6,65 Euro im aktuellen Mietspiegel gestiegen.
Bei den vier Häusern handelt es sich um die letzten Reste des in den 80er Jahren abgerissenen Heusnerviertels, das der Westtangente (heute A 448) weichen musste. Eine Instandhaltung hat seit damals nicht mehr stattgefunden. Jetzt soll der letzte Mieter zwangsgeräumt werden. Die Schaffung von Ersatzwohnraum an dieser oder anderer Stelle ist offensichtlich auch nicht vorgesehen, stattdessen ist Gewerbe geplant.
Das alles ist nur möglich, weil es in Bochum keine Wohnraumschutzsatzung gibt. Deren Erlass hat der Rat der Stadt 2017 mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP abgelehnt. Deshalb kann man in Bochum Wohnraum ungestraft leerstehen, vergammeln und auch abreißen lassen, ohne dass es eine rechtliche Handhabe dagegen gibt. Wenn man sich anschaut, dass die Stadt an dieser Stelle selbst als Täterin auftritt, versteht man, warum sie die Rolle als Kontrolleurin nicht haben wollte. Aktuell steht das Thema Wohnraumschutzsatzung bei den Beratungen zu einem neuen „Handlungskonzept Wohnen“ wieder auf der Tagesordnung. Über einen Erlass ist aber noch nicht entschieden.
Das Netzwerk »Stadt für Alle« kritisiert seit Jahren, dass die Stadt zur Lösung der Wohnungskrise völlig einseitig auf Neubau setzt. Es gibt aktuell ein halbes Dutzend Großprojekte mit mehreren hundert Wohneinheiten auf der grünen Wiese mit jeder Menge Flächenversiegelung. Der dabei entstehende neue Wohnraum ist von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen hochpreisig, so dass er für die Teile der Bevölkerung, die die größten Probleme am Wohnungsmarkt hat, gar nicht in Frage kommt. Trotz der vielen Projekte reicht die Zahl der Neubauten bei weitem nicht aus, und bis 2022 wurden nicht einmal die Hälfte aller erteilten Baugenehmigungen auch tatsächlich umgesetzt. Durch die aktuelle Baukrise dürfte diese Menge ab 2023 nochmal erheblich sinken. Aber um Erhalt und Pflege des vorhandenen Wohnungsbestandes will sich die Stadt partout nicht kümmern. Dafür hat sie angeblich kein Personal.
Das Netzwerk »Stadt für Alle« unterstützt die am Samstag den 16. Dez. stattfindende Demonstration und fordert die Stadt Bochum auf, die Zwangsräumung in der Kohlenstraße 135 auszusetzen und den Mieter Klaus Schmitt solange dort wohnen zu lassen, bis die Realisierung der geplanten Umnutzung der Flächen tatsächlich beginnt.
Demonstration am Samstag 16. Dezember, 13 Uhr ab Musikforum zur Kohlenstraße.
Jetzt Petition gegen die Zwangsräumung von Klaus Schmitt unterschreiben!
Foto: © C. Weiß